Vom 03.05.2019 bis 30.06.2019 würdigt das Museum Heylshof mit über 40 Gemälden und Grafiken das Werk des neu entdeckten Expressionisten Paul Kother (1878–1963). Der in Leipzig geborene und später in Dresden, München und Berlin tätige Maler besticht durch expressive Farbgebung, Pinselführung und oftmals dynamische, fast fotografische Perspektiven.
„Paul Kother hätte ohne Weiteres zu den Protagonisten des frühen 20. Jahrhunderts gehören können, wäre er seinem Schwager Otto Müller in die Dresdner Künstlervereinigung ‚Brücke‘ gefolgt“, sagt Olaf Mückain, Kurator des Museums Heylshof. „Die Impulse der modernen Künstlerkollegen schlagen sich in Kothers Werken nieder, aber finden ihren eigenen Ausdruck in der Pinselführung, expressiven Farbgebung und der oftmals schrägen, fast fotografischen Perspektive.“ Gemeinsam mit Max Pechstein, Cuno Amiet, Max Beckmann und Maria Slavona waren Kothers Werke in zahlreichen Ausstellungen zu sehen.
In Worms sieht man farbige Porträts, Landschaften und Strandbilder, Mutter-mit-Kind-Motive und Kriegsmalereien. Auch Studien von kranken und mittellosen Menschen, die der in Leipzig geborene Kother als junger Künstler im dortigen Reiche-Spittel anfertigte, befinden sich darunter. Den Maler interessieren vor allem die Schicksale der kranken, oft mittellosen Menschen. An exotischen Motiven, beispielsweis dem Ölgemälde „Afrikanerin mit Kind“, erkennt man Kothers Faszination für Urvölker, die er mit den „Brücke“-Künstlern gemein hat. Anhand von paarweise gehängten Werken zeichnet das Museum den künstlerischen Werkprozess nach, da neben Radierungen die analogen Gemälde mit nahezu übereinstimmendem Motiv hängen.
Ehefrau Mara Müller
Häufig wird Mara Müller, die spätere Ehefrau Kothers, zum Motiv. Die jüngere Schwester von Otto Müller entsprach dem selbstbewussten, unkonventionellen Frauentypus der Zeit und inszenierte sich gerne als junge „femme fatale“. Befreundet mit der Ehefrau des Dichters Gerhard Hauptmann, Marie, avancierte sie zur Teilnehmerin der Dresdner Avantgarde und verkörperte für Kother einen erotischen und zugleich idealen Frauentypus, der zur Projektionsfläche des Künstlers wurde.
Vorder- und Rückseite bemalt
„Überraschend sind die Verso-/Recto-Gemälde, also Leinwände, die vorne und hinten bemalt sind“, sagt der Kunsthistoriker Ralf H. Hartmann, der den künstlerischen Nachlass Kothers erforschte. „Oftmals aus Kostengründen oder Platzmangel wurde auch die Rückseite der Leinwand bemalt – das Phänomen kennt man zum Beispiel von Ernst Ludwig Kirchner.“ Ein Highlight in Worms: Während der Mittagsführung der „Kunstpause“ (mittwochs um 13.00 Uhr) wird ein solches „Doppel-Werk“ auch einmal für „neue Einsichten“ umgedreht – es lohnt sich also, mehrmals vorbeizuschauen.
Erfolge in Dresden, München und Berlin
Ab 1912 wird Kother einem breiten Publikum bekannt, als sein Gemälde „Junge Mutter“ auf der Großen Kunstausstellung in Dresden gezeigt und gelobt wird. Dass Paul Kother für eine Ausstellung in der bekannten „Sturm“-Galerie von Herwarth Walden ausgewählt wird, spricht für den avantgardistischen Kontext, in dem sich Kother bewegt. Qualitativ steht Paul Kother seinen bekannten Künstlerkollegen in nichts nach, obschon er keinen Individualstil ausprägte, der immer bereits auf den ersten Blick wiederzuerkennen wäre.
Worms Station auf Ausstellungsreise
„Erstmals wird das zeichnerische und grafische Werk durch die Reihe an Ausstellungen gewürdigt“, so Frank Sabatier, Leiter der „Sabatier Galerie & Kunsthandel GmbH & Co. KG“ aus Verden, der zusammen mit einigen privaten Sammlern den Verleih der Werke ermöglichte. Die Ausstellung war bereits auf der Zitadelle Spandau in Berlin in einer anderen Werkzusammenstellung zu sehen und wird nach Worms in veränderter Form ins Overbeck-Museum Bremen wandern.
Öffnungszeiten und Eintrittspreise
Die Ausstellung „Paul Kother (1878–1963) – Melancholischer Expressionismus“ ist vom 03.05.2019 bis 30.06.2019 im Museum Heylshof, Stephansgasse 9, 67547 Worms, zu sehen. Geöffnet ist sie dienstags bis samstags von 14 bis 17 Uhr, sonn- und feiertags (Christi Himmelfahrt) ab 11 bis 17 Uhr. Der Eintritt kostet 3,50 Euro pro Person für Erwachsene. Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre sowie Schüler, Auszubildende und Studenten über 18 Jahre mit Nachweis zahlen einen Euro. Familienkarten sind für fünf Euro pro Person, Gruppenkarten ab vier Teilnehmern für 2,50 Euro pro Person erhältlich. Zur Ausstellung ist ein abbildungsreicher Katalog erschienen, der für 25,- Euro zu den regulären Öffnungszeiten an der Museumskasse zu erwerben ist.