Die Kunsthändler: Zur Ankaufspolitik
Die familiären Beziehungen zum Steinschen Haus, der Kontakt zu den Düsseldorfer Malern, die über Gedon entstandenen Freundschaften zum Münchener Künstlerkreis und der kunsthistorisch beratende Einfluß von Wilhelm von Bode und den Berliner Privatsammlern bildeten die Rahmenbedingungen für die Entstehung der Wormser Sammlung. Inwieweit Kunsthändler in diesen Prozeß involviert waren, wurde bislang noch nicht erörtert. Hinweise existieren dahingehend, daß etwa der Kölner Kunsthändler Bourgeois im Auftrag von Baron von Heyl auf Auktionen Kunstgegenstände ersteigert hat. Auch der Kunsthändler Böhler aus München kaufte Gemälde (Kat. Nr. 54), die sich kurze Zeit später in Heylschem Besitz wiederfinden, so daß auch hier angenommen werden darf, er habe unter vorausgegangener Absprache für von Heyl gesteigert. Doch die Schwierigkeit, ein umfassendes Bild der Ankaufspolitik im allgemeinen und den Kunsthändlern im besonderen zu zeichnen, ergibt sich aus dem Umstand, daß sämtliche Unterlagen und Informationen zu den einzelnen Bildern im Zweiten Weltkrieg verlorengegangen sind. So mußten zunächst die Provenienzen der Gemälde ermittelt werden, um überhaupt Aussagen über den Sammlungszeitraum, die Erwerbungsorte und die Ankäufer treffen zu können. Immerhin konnten dabei von 114 Gemälden - die 12 heute nicht mehr in der Sammlung befindlichen miteinbezogen - bei 86 der genaue Eintrittszeitpunkt (49) bzw. eine bestimmte Zeitspanne (37), in der die Gemälde in die Sammlung kamen, festgestellt werden. Bei einem Gemälde ist die Provenienz bekannt, jedoch nicht der Eintrittszeitpunkt, und bei 27 blieb die Provenienz im Dunkeln.
Durch die ermittelten Angaben ergibt sich folgendes Bild: Der früheste Ankauf eines Bildes erfolgte 1869 auf der Versteigerung der Mainzer Sammlung Eugen Kraetzer in Paris (Kat. Nr. 39). Der letzte Ankauf wurde 1916 bei Julius Böhler in München getätigt (Kat. Nr. 37). Die intensivste Sammeltätigkeit lag zwischen 1876 und 1896, also in einem Zeitraum von 20 Jahren. Am auffälligsten sind die Jahre 1883 und 1890. 1883 wurden 10 Gemälde angekauft: die aus der Sammlung Milani und die Auftragsarbeiten der Familienportraits von Lenbach, wohl in Hinblick auf die Fertigstellung und den Bezug des Heylshofes. 1890 gelangten die 12 Gemälde der Steinschen Sammlung in den Heylshof. Im Durchschnitt wurden höchstens fünf Gemälde pro Jahr und Versteigerung angekauft. Zieht man die kunstgewerblichen Gegenstände und die Holzskulpturen mit heran, so zeigt sich auch hier die intensivste Sammeltätigkeit in den achtziger und neunziger Jahren. So kamen im Jahre 1891 über den Kunsthändler Bourgeois 46 Bild-, Kabinett- und Butzenscheiben aus der Sammlung Vincent, die damals durch Lempertz in Konstanz versteigert wurde, in den Besitz der Wormser Sammlung.
Betrachtet man die Sammlungen, aus denen Gemälde in den Heylshof kamen, so tauchen folgende Namen auf: Brentano-Birkenstock und Milani in Frankfurt, Clavé von Bouhaben, vormals Sammlung Zanoli, und Ruhl in Köln, die Sammlungen Löhr und Röhrer aus München sowie Kraetzer und Hardy aus Mainz. Von ausländischen Sammlungen sind zu nennen: Secrétan in Paris, Nemes in Budapest, Königswarter und Bösch in Wien, Bleuland in Utrecht, Hume in London und die Sammlung des Herzogs von Osuma in Madrid.
Ein Großteil der Gemälde wurde jedoch nicht direkt von den Privatsammlern, sondern auf Auktionen erworben. Hier stehen die traditionellen Versteigerungshäuser wie Heberle und Lempertz in Köln, Kohlbacher und Bangel in Frankfurt, Hugo Helbing in München sowie Auktionshäuser in Paris, Berlin und Wien im Vordergrund. C. W. von Heyl hat in vielen Fällen selbst den Versteigerungen beigewohnt, da sein Name in einigen Auktionskatalogen direkt als Käufer auftaucht. Jedoch muß er auch Kunsthändler beauftragt haben, Gemälde und kunstgewerbliche Gegenstände zu ersteigern, da dies, wie oben schon kurz erwähnt, belegt ist.
Auch der Kunsthändler Charles Sedelmeyer in Paris war für Baron von Heyls Kunsteinkäufe wichtig. Einige Gemälde, die heute im Heylshof sind, wurden entweder in den jeweiligen Jahreskatalogen der Galerie geführt oder standen auf Auktionen des Hauses Sedelmeyer zur Versteigerung. Manche tragen heute noch auf ihrer Rückseite Stempel der Galerie Sedelmeyer (Kat. Nr. 35 und 48). Dieser wichtige Kontakt für Baron von Heyl - Sedelmeyer galt als eine der besten Kaufadressen für Niederländer des 17. Jahrhunderts - könnte auch durch Wilhelm von Bode vermittelt worden sein, der bei Sedelmeyer regelmäßig für Museen und Privatsammler Gemälde kaufte.