Die Innenausstattung des Heylshofes
Wer heute den Heylshof betritt, bekommt zumindest im Vestibül noch einen Eindruck der einstigen Prachtentfaltung im Innern des Hauses. Nach Durchschreiten des Portals führt eine breite Treppe auf die Höhe des Erdgeschosses in die quer zur Mittelachse liegende Halle. In der Ausgestaltung des Vestibüls spiegelt sich die Festlichkeit der Eingangssituation an der Stadtfassade wider. Ursprünglich herrschte eine diffuse Beleuchtung des Eingangs durch eine rechteckige Öffnung in der Decke zum ersten Geschoß. In zahlreichen Briefen machten sich Lorenz Gedon und A. F. Bluntschli Gedanken über die Wahl des richtigen Marmors für die Säulen des Eingangsbereiches. Die Entscheidung für schwarze Marmorsäulen mit weißen Basen und ionischen Kapitellen ergab einen effektvollen Materialkontrast. Gedons Erfahrung in der festlichen Inszenierung gesellschaftlicher Ereignisse war vor der Zerstörung innerhalb des ganzen Gebäudes zu bemerken. So auch im halbrund abschließenden Gartensaal, den man in gerader Richtung von der Halle aus betrat. Seine dem Rokoko nachempfundene Dekoration, die an Werke Cuvilliers erinnerte, stand in stilistischer Übereinstimmung zu den hier aufgehängten, allerdings später geerbten Bildern von Natoire und van Loo. In den Supraporten bildeten Bildrahmung und Wandstuckierung eine untrennbare Einheit. In ebenfalls dem Rokoko nachempfundenen Vitrinen stand Frankenthaler Porzellan des 18. Jahrhunderts. Das authentische Alter der ausgestellten Gegenstände konnte der Einrichtung und Wanddekoration etwas von ihrem imitierenden Charakter nehmen, sie gleichsam altern.
Auch die Inneneinrichtung des Heylshofes folgt den Mustern fürstlicher Raumausstattungen. Obwohl der Bau in Dimensionierung und Aufwand über das bei bürgerlichen Villen der Zeit gebräuchliche Maß weit hinausgeht, übernimmt er teilweise ihre üblichen Raumdispositionen. Auf der vom Eingang aus gesehen linken Seite des Erdgeschosses befanden sich Herrenzimmer, Bibliothek, ein Kinderlernzimmer sowie die Garderobe. Die Anlage der Räume des Hausherrn erlaubte einen Besuchsverkehr, der den Privatbereich der übrigen Bewohner nicht störte. Rechts des Saales befanden sich die wohl hauptsächlich von der Hausherrin genutzten Räume. Vom Vorplatz aus erreichte man auf dieser Seite das Speisezimmer und hatte Zugang zu den Gewächshäusern. Ebenfalls rechts des Vestibüls führte eine gewundene Treppe in die oberen Räume, die den Kindern, dem Personal und den Gästen vorbehalten waren. Mit in drei Kellergeschossen und im Dachgeschoß liegenden Räumen der Dienerschaft, der Vorratshaltung sowie einem gedeckten Küchenhof war der Heylshof auf die Bewirtung zahlreicher Gäste eingerichtet. Im Gegensatz zu der im 19. Jahrhundert oft praktizierten, sporadischen Beschäftigung von Dienst- und Küchenpersonal oder Anlieferung der Speisen entwickelte die Einrichtung des Heylshofes Züge einer feudalen Hofhaltung.
Durch die komplexe Grundrißabwicklung ergab sich ein differenziertes Raumgefüge, welches auch der Funktion als Privatmuseum gerecht wurde. Die Bilder waren im ursprünglichen Kontext Teile eines Gesamtkonzepts im Gegensatz zu der Hängung als Einzelobjekte vor weißen Wänden, die heutigen Rezeptionsgewohnheiten entspricht. Es ist wahrscheinlich, daß Gedon seine Vorstellungen von einem idealen Museum als Gesamtkunstwerk hier verwirklichen wollte. Trotz seines Todes vor Vollendung des Heylshofes dürfte die Einrichtung in seinem Sinne weitergeführt worden sein. Sie konnte den Geschmack und die Bildung ihrer Bewohner demonstrieren, zum Beispiel in der Ausstattung des Herrenzimmers mit Teilen der Klosterbibliothek von Buxheim, auch einen kontemplativ gestimmten Ruheraum suggerieren. Einige Figuren von Ignaz Waibel aus dem 1883 in München versteigerten Chorgestühl des Kartäuserklosters Buxheim wurden in die Holzvertäfelung einbezogen. Die Verschiedenheit der Einrichtungsstile in den Räumen des Heylshofs folgte auch Vorgaben des Zeitgeschmacks. Die zeitgenössischen Einrichtungsratgeber empfahlen für den Salon eine feminine Note, welcher Vorstellung der Stil des Rokoko am nächsten kam, Herrenzimmer und Speisezimmer suchten dagegen durch Holzvertäfelungen und eine Orientierung an der deutschen Renaissance Ernst und Würde auszustrahlen. Die von Swarzenski in seinem Katalog betonte individuelle Prägung der Sammlung von "alt-deutschem" Wesen benennt die Rückwärtsgewandtheit des großbürgerlichen Selbstverständnisses im 19.Jahrhundert. Diese Orientierung gilt nicht nur für das Alter der gesammelten Kunstwerke oder den Architekturstil des Heylshofes, sondern für den gesamten an feudalen Vorbildern orientierten Lebensstil der Familie. Wie gezeigt, aktualisiert auch die Lage und Gestalt des Außenbaus die traditionelle Geschichtsträchtigkeit der Umgebung. Das Alter der gesammelten Gegenstände und die Exklusivität des Ortes ihrer Repräsentation sichern dem Besitz eine Altehrwürdigkeit, die so eben nicht nur durch Geld, sondern erst mit und gegen die Zeit zu erwerben ist.