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Über die Stiftung

(Fortsetzung von Seite 1)

Die Sammlung hat in den letzten Jahrzehnten des verflossenen Jahrhunderts ihre definitive Form erhalten. ... Die Sammlung und ihr Heim atmen den weiten, in sich gefestigten Geist dieses Hauses. Trotz ihres kosmopolitischen Charakters sind die Sammlungen zu einer bodenständigen Einheit verwachsen und bringen in seltener Weise weltbürgerliche Gesinnung, Heimatliebe und Familiensinn gleichermaßen zum Ausdruck. Wie Freiherr Cornelius von Heyl zu Herrnsheim als Sozialpolitiker - in Berlin einst der rote Kommerzienrat genannt – in der fernblickenden Beurteilung der Bedürfnisse der Arbeiter an die freien, gehobenen Verhältnisse des von der französischen Revolution besonders durchsetzten rheinhessischen Landes anknüpfte, wie seine Stiftungen und seine ungewöhnliche Wirksamkeit als Mäzen und Bauherr unmittelbar mit seiner Vaterstadt und ihrer stolzen Geschichte verbunden ist, so ist auch seine Sammeltätigkeit  von einem bodenständigen, patriarchalischen Charakter wesentlich mitbestimmt. ...

Die großen, künstlerischen Ansprüche und Traditionen waren in Worms während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf ein geringes Maß zurückgegangen; die alte Reichsstadt war ein armes, kleines Landstädtchen geworden. Um so bedeutsamer war für die Geschichte der Sammlung die Verbindung des Hauses Heyl mit der Kölner Bankierfamilie Karl Stein , dessen Tochter Sofie die Gattin des Freiherrn von Heyl wurde. ... Im Steinschen Hause herrschte das regste geistige und künstlerische Leben, zahlreiche Künstler verkehrten hier und vor allem befand sich hier eine hervorragende Kunstsammlung.

Große Bestände der Sammlung im Heylshof sind aus der Steinschen Sammlung übernommen worden und sind trotz des vielseitigen späteren Ausbaues für den Gesamteindruck maßgebend geblieben. Hierher stammt die Mehrzahl der altdeutschen Gemälde und Skulpturen, für deren künstlerischen Wert man in Köln schon seit der Romantik ein besonderes Verständnis hatte, hierher stammt der Grundstock der Sammlung von deutschen Krügen und Gläsern, die durch spätere glückliche Erwerbungen ergänzt wurde. Die Sammlung von deutschem Steinzeug ist wohl die bedeutendste, die sich heute noch in Privatbesitz befindet. ...

Haus und Inhalt entsprechen einander, wie Bild und Rahmen. ... Das Rokoko tritt hier in der besonderen malerischen Form des süddeutschen Barocks auf. ...Dem entspricht es, daß auch in der Sammlung des 18. Jahrhunderts überwiegend die deutsche Kunst vertreten ist. Hier ist vor allem die Porzellansammlung zu nennen, die zu den großartigsten ihrer Art gehört, und in der bezeichnender Weise die Erzeugnisse der benachbarten Frankenthaler Manufaktur im Vordergrund stehen. Fast alle Meister, die hier gearbeitet haben, sind mit ihren charakteristischen Werken in hervorragenden Exemplaren vertreten. ...

Die Einheitlichkeit der gleichen künstlerischen Gesinnung hat schließlich auch den Charakter der Gemäldesammlung bestimmt. Zwar ist den altdeutschen Primitiven, zumeist kölner Schule und Herkunft, ein hervorragendes Werk eines Florentiner Quattrocentisten eingefügt, im übrigen aber besteht die Sammlung, von Ausnahmen abgesehen, aus Niederländern des 17. Jahrhunderts. Neben den Hauptstücken von Franz Hals und Rubens sind die besten Meister der Landschaft, des Interieurs, des Genre und Stillebens nahezu vollständig in den gewähltesten Beispielen, z. T. mit mehreren Stücken vertreten.

Wie sehr diese niederländischen Meister der herrschenden Richtung der deutschen Malerei des 19. Jahrhunderts entsprachen, bewiesen schließlich die zeitgenössischen Bilder, die von vornherein in der Sammlung Aufnahme fanden. Abgesehen von einem köstlichen Diaz, der zwischen zwei Bildchen des Frankfurter Kleinmeisters Dielmann hängt, findet man bezeichnender Weise nur deutsche Bilder. Neben Einzelwerken der Klassiker der älteren Zeit, wie Rottmann, Schirmer, Schwind und Steinle, neben der schönen Venus Anadyomene Böcklins, ist es die Düsseldorfer und Münchner Schule, die den beherrschenden Ton angibt. Es sind die Künstlerkreise, mit denen die Familie in lebendiger, persönlicher Verbindung stand. Während die Düsseldorfer Meister, wie Knaus, Vautier und die beiden Achenbach im Steinschen Haus in Köln verkehrten, ergab sich die Beziehung zu dem Münchner Kreise Lenbachs und Kaulbachs durch die Zusammenarbeit mit Gedon  und Gabriel Seidel. Wenn jene Künstler vom heutigen Zeitgeschmack auch meist unterschätzt werden, so soll man nicht vergessen, daß sie es sind, die zu ihrer Zeit der neueren deutschen Malerei einen internationalen Ruf verschafft haben ...  Die Pflege der neueren Kunst, zur Gegenwart hin, hat in dem festgefügten Rahmen der Sammlung keinen Platz gefunden ...“